Jessica von Yummytravel hat mit der Frage „Warum in der Ferne schweifen?“ zu einer Blogparade aufgerufen.
Warum liebe ich das Reisen so sehr? Warum freue ich mich monatelang auf den Moment, wenn der Rucksack endlich gepackt ist und es endlich losgeht? Warum schweife ich so gern in der Ferne und lasse mich in ihr treiben? Hier sind meine ganz persönlichen Gründe, warum ich das Reisen so sehr liebe.
Der unwiderstehliche Lockruf der Ferne
Für mich ist der Lockruf der Ferne einfach unwiderstehlich. Ich spüre dann ein heißkaltes Prickeln, das mich überkommt. Das Schönste am Reisen ist für mich auch das vollkommen Fremde und Unbekannte, der Sprung ins kalte Wasser hat für mich einen großen Reiz.
Ich kann mich noch gut erinnern an diesen Tag, als ich die Entscheidung für mein erstes Abenteuer gefällt habe. Ich befand mich gerade im vierten Semester meines Geologie-Studiums und eigentlich war alles perfekt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass mir etwas fehlte. Ich wollte Abwechslung, ich wollte etwas Neues sehen. Obwohl ich alle Vorlesungen besucht hatte, war ich abwesend.
Dann kam mir die Idee, dass ich mal ein Praktikum im Ausland machen könnte und so sprach ich den erstbesten Professor an. Er hat mir kurzerhand vorgeschlagen, doch ein Praktikum bei seinem Freund in Peru zu machen und ich war sofort begeistert von dieser Idee. Ich spürte ein merkwürdiges Kribbeln im Bauch, meine Gedanken überschlugen sich förmlich und ich erlag augenblicklich den unwiderstehlichen Gedanken, Peru kennen zu lernen. Ich wusste fast nichts über Peru, dennoch wollte ich es unbedingt.
Mir war sofort klar, dass ich es tun musste und auch würde. Mein Professor sah mich stirnrunzelnd über die Brillengläser hinweg an, als ich spontan zusagte. Einige meiner Kommilitonen fragten mich, ob ich mir das wirklich zutraute mit meiner hochgradigen Schwerhörigkeit. Ich konnte noch kein Spanisch. „Egal, das kann ich auch lernen“, habe ich mir gedacht.
Gesagt, getan. Bereits wenige Monate später war ich in Lima gelandet und mein Abenteuer begann. In zwei Wochen lernte ich mehr Spanisch, als ich zuvor in einen ganzen Semester gelernt hatte. Alles war kompliziert, doch ich war rundum glücklich.
Wahrnehmung mit allen Sinnen
Bei einer Reise lasse ich den Alltag hinter mir. Es ist, als ob ich in den Zug steigen würde, um den Alltag und meinen Gewohnheiten zu entgleisen. Sobald die Reise beginnt und ich mich sozusagen in den Zug setze, bleibt alles andere draußen am Bahnsteig: meine Arbeit, die graue Routine und vielleicht auch meine Gewohnheiten.
Der Beginn einer Reise ist der beste Moment zum Loslassen. Das Reisen ist für mich zu einer Lebenseinstellung geworden, ich kann einfach nicht genug davon haben. Reisen heißt entdecken, genießen und sich treiben lassen.
Beim Reisen bin ich losgelöst vom Alltag, schon dadurch ist alles viel entspannter und angenehmer. Auf Dauer schläfert der Alltag meine Sinne ein, vieles rauscht einfach vollkommen unbemerkt an mir vorbei. Die stetigen Gedanken an Pflichten und zu erfüllende Aufgaben verengen das Wahrnehmungsfeld, viele von außen herandringende Sinneswahrnehmungen ersticken im Keim.
Auf Reise habe ich dieses Problem nicht. Es ist einfach alles neu, die bloße Neugierde auf das Unbekannte treibt mich an. Kleinigkeiten, die unser Leben so schön und einzigartig machen, gehen nicht mehr unter. Das Fernweh hat mich dazu getrieben, den heimischen Hafen zu verlassen und während der Reise lasse ich mich von den zahlreichen Eindrücken von außen stillen. Ich atme, lebe und esse neue Kultur. Ich bin Bestandteil einer neuen Gesellschaft, ich tauche ein in eine mir neue Welt und lerne im besten Fall noch eine neue Sprache.
Reisen ist Veränderung, Reisen ist das Losgelöstsein vom Alltag und von bisherigen Gewohnheiten.
Heute möchte ich
nach ausgiebigem Frühstück
im fröhlichen Dasein des Morgens
das lang errichtete Gebäude
meiner Gewohnheiten
und auch den Schatten
der gähnenden Durchschnittlichkeit
lächelnd verlassen,
um einen ganzen Tag lang
den Sonnenschein
meiner eigenen Individualität
zu genießen.
Dieses Gedicht habe ich vor Jahren geschrieben, es spiegelt meine Lebenseinstellung wider und diese kann ich beim Reisen einfach am besten umsetzen.
Reisen bildet
Es ist nicht neu, dass das Reisen bildet. Das Zitat „Die beste Bildung erfährt ein gescheiter Mensch auf Reisen“ von J.W. Goethe ist hinlänglich bekannt. Durch die bewusstere Wahrnehmung und die vielen mir neuen Reize von außen lerne ich beim Reisen ganz nebenbei dazu, frei von Zwängen.
Ich liebe es einfach, in das Fremde einzutauchen und mich dabei treiben zu lassen. Das Reisen hat mich zu einen weltoffeneren Menschen gemacht. Mein Weltbild hat sich geändert, ich selbst habe mich durch das Reisen verändert. Ich habe Dinge gesehen und erlebt, von denen ich vorher nicht einmal geträumt habe. Ich habe eine neue Sprache gelernt und spreche fließend Spanisch.
Ich habe Antworten auf Fragen erhalten, welche ich mir vorher vielleicht gar nicht bewusst gestellt habe. Wie leben die Menschen hier? Was unterscheidet sie von mir, von uns?
Beim Reisen habe ich Kinder getroffen, die schon im Alter von 9 Jahren schwarze Zähne haben und unter einfachsten Zuständen leben. Diese Kinder haben mich eingeladen, mit ihnen Fußball zu spielen.
Beim Reisen habe ich Bergarbeiter aus Potosí in Bolivien kennen gelernt, die mehr als 10 h am Tag auf 4.000 m Höhe bei mehr als 30°C untertage arbeiten und trotzdem kaum über den Monat kommen. Diese Männer haben mich auf ein Bier einladen wollen, wir haben uns über Fußball und Frauen unterhalten. Als die Minenarbeiter erfahren haben, dass ich Geologie studiere, da haben sie mir ein großes Stück Zink-Erz geschenkt.
Ich habe Kinder in Peru im Andenhochland getroffen, die nicht zur Schule gehen, weil sie ihren Eltern bei der Arbeit aushelfen. Ich habe auf Reisen Proteste erlebt, so dass der Bus 12 h stehen geblieben ist. Ich könnte diese Liste endlos fortsetzen.
Reisen heißt entdecken und lernen, frei von Zwängen. Auf Reisen lerne ich inspirierende Orte kennen und treffe auf Menschen, denen ich sonst nie begegnen würde. Bei der Reise lerne ich meine Umgebung mit einer eigenen Perspektive kennen, fern von Medien und Nachrichten. Natürlich aber heißt Reisen auch Nachdenken und das bisherige Weltbild zu überdenken.
Ich habe gelernt, dass wir Menschen alle deutlich mehr gemein haben als wir oft glauben wollen. Ich habe verstanden, dass es ein großes Privileg ist, wenn man Europäer ist und überhaupt die Möglichkeit zum Reisen hat. Ich habe zum Beispiel in Peru oft Menschen getroffen, welche mir das Folgende gesagt haben: „Tu conoces más Peru que yo“ (Du kennst mehr Peru als ich). Für mich war es immer eine gute Gelegenheit, um das Land zu loben und die Person auf ein Essen oder Getränk einzuladen. Man hat es mir immer gedankt.
Zum Abschluss noch ein kurzes Gedicht über die Gründe, warum ich so gerne reise:
Mit einem Rucksack nur
abenteuerlustig
und spontan
die Welt bereisen,
den Alltag voll und ganz entgleisen.
Fremdes entdecken;
neue Kultur atmen,
leben und schmecken
und vielleicht auch
eine andere Sprache sprechen.
Sich neuen Reizen
gänzlich öffnen,
mit allen Sinnen.
Eintauchen ins Unbekannte
auf unbestimmte Zeit
und dabei auch
dem Fremden etwas geben,
von Leben zu Leben;
so schafft man sich
und den fremden Andern
Momente der Ewigkeit.
An dieser Stelle nochmal vielen Dank an Jessica, diese Blogparade war eine sehr gute Idee.
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